„Pflege ist wertvoll und kann wirklich viel. Der Beruf kann einen zu einem besseren Menschen machen.“ (Rashid Hamid)

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Lieber Rashid,

was hat dich inspiriert, dein Buch „Ein Herz und eine Pflege – vom Glück für andere da zu sein“ zu schreiben?

In dem Buch geht es hauptsächlich um meinen Werdegang. Ich war sehr schlecht in der Schule und hatte Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz zu finden. Nach Praktika in der IT-Branche und Gastronomie, bin ich über eine Empfehlung an ein Praktikum in einem Krankenhaus gekommen und habe schnell gemerkt, dass mir das liegt, da ich gerne mit Patienten arbeite. Ich hatte nie die Chance eine Ausbildung in der Krankenpflege zu machen, da meine Noten so schlecht waren. Aber als ich hörte, dass es so etwas ähnliches in der Altenpflege gibt, wurde meine Bewerbung Gott sei Dank angenommen.

Hattest du die Idee, das Buch zu veröffentlichen?

Der Rowohlt Verlag hat sich bei mir gemeldet und gefragt, ob ich Interesse hätte, ein Buch zu veröffentlichen. Ihnen hat gefallen, wie ich in meinen Videos die positiven Seiten der Pflege im Alltag präsentiere. 

Inzwischen bist du sehr erfolgreich im „Social-Media-Bereich“. Hättest du dir vorstellen können, mit deinem Content so eine Reichweite zu erzielen?

Nein, überhaupt nicht. Das kam völlig unerwartet. Als der Rowohlt Verlag angefragt hat, war ich noch nicht so bekannt und hatte nur so um die fünftausend Follower auf Instagram. Wenn ich jetzt meine ganzen Plattformen (TikTok, YouTube, Instagram) zusammenzähle, komme ich auf über 1,4 Mio. Follower.

Was hat sich für dich seit dem Erfolg verändert?

Ich merke natürlich, dass ich jetzt anders wahrgenommen werde. Auch im politischen Bereich gibt es Interesse, da einige Parteien sich bei mir gemeldet haben und sich austauschen wollten. Die Gesundheitssenatorin aus Hamburg ist auf mich zugekommen und ich werde zu vielen Veranstaltungen als Speaker eingeladen. Ich hoffe, dass die Aufmerksamkeit für den Pflegebereich dadurch größer wird, da es ein großes Thema in Deutschland ist. Zur Fußball-EM 2024, hat sich die Marketingabteilung des DFB bei mir gemeldet: Sie wollten eine Online-Kampagne über die Bedeutung des Themas Pflege in Deutschland starten und ich durfte einen Spieler aus der Nationalmannschaft aussuchen. Ich habe Jonathan Tah vorgeschlagen, der aus Hamburg kommt. 

Wie zeitintensiv ist das Posten deiner Beiträge auf Social Media? 

Ich benutze nur mein Handy, um meinen Arbeitsalltag aufzunehmen. Das mache ich meistens abends oder nachts, wenn ich zuhause bin. Ich habe ein gutes Zeitmanagement und gehe immer zwischen vier und fünf Uhr morgens zum Sport, da habe ich meine Ruhe und meine Me-Time und kann mich auf den Tag fokussieren. 

Inzwischen hast du ein zweites Buch mit dem Titel „Freundschaft kennt kein Alter“ geschrieben. Wann wird das Buch veröffentlicht und worum geht es?

Die Veröffentlichung meines zweiten Buchs wird am 13.05.2025 sein. Darin geht es um meine Freunde und darum, die Freundschaften mit Ihnen zu verewigen.

Worauf bist du stolz in der Pflege, was bedeutet Berufsstolz für dich?

Der Beruf macht mir Spaß und hat mich positiv verändert. Ich habe gelernt, mehr auf meine Gesundheit zu achten, mich bewusster zu ernähren und mehr Sport zu treiben. Ich arbeite acht Stunden täglich und bin die ganze Zeit unterwegs, aber es fühlt sich nicht nach Arbeit an. Auch am Wochenende bin ich unterwegs oder der Lückenfüller, wenn Mitarbeiter krank oder im Urlaub sind. Und ich bin auch stolz auf die Patienten, die Freunde für mich geworden sind. Ich habe viele Lebensweisheiten von ihnen mit auf den Weg bekommen. Zum Beispiel, darauf zu achten, mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen, sonst ist man am Ende allein. Und, dass es wichtig ist, Probleme und Streitigkeiten schnell zu klären, sonst sind die Freunde oder die Eltern irgendwann verstorben und man hat die Chance verpasst, sich zu versöhnen. 

Bei Lembke Seminare und Beratungen hast du an verschiedenen Weiterbildungen und Seminaren teilgenommen. Hast du dich gut beraten gefühlt?

Ich bin seit 2016 bei Lembke und habe mich immer professionell beraten gefühlt und war dadurch auf mein Berufsleben gut vorbereitet. Nach meinem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung, habe ich mich bewusst entschieden, mir die Zertifikate anzueignen, bevor ich einen Pflegedienst eröffne. 

Du bist diesen Schritt gegangen und hast dich mit deinem Pflegedienst selbstständig gemacht.

Genau, zusammen mit meiner Frau habe ich im September 2021 unseren Pflegedienst Pflege Smile gegründet.

Was müsste sich im Pflegebereich ändern, damit dieser Beruf mehr Anerkennung bekommt?

Dass es durch den Fachkräftemangel starke Rückläufe in der Pflege gibt, wusste ich schon, als ich vor zehn Jahren die Ausbildung begann. Auch in den Medien wird immer wieder thematisiert, dass der Pflegenotstand sich ab 2025/2030 noch steigern soll, da die derzeit berufstätigen Pflegekräfte in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren in Rente gehen. Ich finde, man sollte den Beruf positiver darstellen und auch die Vorteile zeigen. Und an dem Feedback, dass ich auf meinen Social-Media-Accounts zum Beispiel von Pflegeschülern in der Ausbildung bekomme, sehe ich, dass ich Menschen erreiche und etwas bewirke. Sie bedanken sich für den Eindruck, den ich vom Alltag des Pflegeberufs vermittle. Auch ältere Leute, die in ihrem Job unzufrieden sind, schreiben mir, dass sie durch meine Videos einen Ansporn bekommen haben. Oder Menschen, die der Pflege den Rücken gekehrt haben, möchten wieder im sozialen Bereich oder in der Pflege arbeiten. Ich habe zum richtigen Zeitpunkt damit angefangen, diesen Bereich positiv zu thematisieren. 

Auf TikTok und Instagram zeigst du bewusst eine menschliche Seite der Patienten. Sie scheinen aufzuleben, wenn du mit ihnen zusammen bist. 

Auf jeden Fall. Das ist absolut authentisch. Wir haben kein Skript, die Patienten sind einfach sie selbst. Man sieht ihnen ihre Lust am Leben an und dass sie einfach noch etwas erleben wollen. Zum Beispiel die 93-jährige Lotti, die mit mir Essen geht, weil sie gerne unter Menschen ist. Oder Thorsten, mit dem ich vor kurzem ins Gym gegangen bin. Er ist Diabetiker und ihm fehlt ein halber Fuß. Vor dreißig Jahren hat er das letzte Mal Kampfsport gemacht. Im Gym fing er an herumzuboxen und es war toll zu sehen, wie offen er geworden ist. Die meisten vergessen, dass es auch noch eine andere Seite des Patienten gibt. Für viele sind die Patienten krank und warten auf ihren Tod, aber das stimmt nicht.

Was bekommst du von den Patienten zurück, die du pflegst? Kannst du etwas von ihnen lernen? Auch über dich selbst?

Ich sehe, dass sie sehr dankbar sind für jede Kleinigkeit, die man für sie macht. Und dass es nicht selbstverständlich ist. Zum Beispiel Lotti, die früher noch nicht mal einen Kühlschrank besessen hat und an Hungersnot litt. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Die Patienten haben mir auch gezeigt, wie dankbar sie sind für ihre Gesundheit und dass sie ein Dach über dem Kopf haben, oder wie wichtig der Familienzusammenhalt ist. Und, dass das Materielle Nebensache ist.

Wie weit geht deine Pflege für die anderen? Weiter, als sich um den bedürftigen Menschen/Patienten zu kümmern? 

Da ich in der Pflege tätig bin, ist natürlich die Grundpflege und Behandlungspflege dabei. Alles, was ich sonst mache, die Unternehmungen, Ausgehen, Essen gehen, das läuft alles in meiner privaten Zeit ab. Ich werde oft gefragt – wie machst du das? Wie rechnest du das ab? Alles, was ich dafür ausgebe, kommt aus meiner eigenen Tasche.

In deinem Buch schreibst du, es gebe einen Pfleger Rashid und einen privaten Rashid. Kannst du das noch voneinander trennen?

Früher ja, aber seitdem ich meine eigene Firma habe, geht das ineinander über. Die Patienten sind wie meine Freunde. Eigentlich sollte man Distanz wahren und die Patienten eher siezen, aber aus meiner 16-jährigen Erfahrung in der Pflege weiß ich, dass die Patienten sich wünschen, dass man sich auch mit ihnen unterhält. Ich habe damit nur positive Erfahrungen gemacht.

Worüber sprichst du mit deinen Patienten? 

Es sind die gleichen Themen, über die ich auch mit meinen Freunden spreche. Wir unterhalten uns über Politik, was sie am Tag gemacht haben oder über allgemeine Dinge. Bei mir ist es Freestyle, spontan aus dem Bauch heraus. Es ist bestimmt auch ein Vorteil, keinen Chef über mir zu haben, der mir sagt, wie ich was machen soll. Vielleicht nehme ich es deswegen auch auf die leichte Schulter und kann einfach ich selbst sein. Nach der Gründung hatte ich mit meinem Pflegedienst Schwierigkeiten, Patienten und Mitarbeiter zu finden. Wir hatten Existenzängste, weil keine Einnahmen reinkamen. Aber als ich mit Social Media anfing und präsenter wurde und die Leute gesehen haben, dass ich mich nicht verstelle, wuchs der Bekanntheitsgrad. Wenn ich neue Mitarbeiter suche, nutze ich meine Social-Media-Kanäle, da ich täglich Bewerbungen erhalte. Darüber kommen die meisten Anfragen. Inzwischen kennen mich auch Praxen und Krankenhäuser oder Patienten und Angehörige melden sich bei mir. 

Pflegekräfte in Krankenhäusern und Einrichtungen arbeiten oft unter großem Zeitdruck und extremer Belastung. Was würde helfen, diesem Druck vorzubeugen?

Wir sind ein mittelgroßer Pflegedienst und halten uns bewusst klein, sonst verlieren wir den Überblick. Wir arbeiten nicht auf Profit, können unsere Kosten abdecken und sagen unseren Mitarbeitern auch, wenn sie mal länger brauchen, dass sie sich nicht stressen sollen. Wir sind auch mobil unterwegs und haben die Tourenpläne auf den Handys, wo der Pflegebericht eingetragen werden kann. Ich kenne die leeren Versprechungen und kurzfristigen Dienstwechsel aus eigenen Erfahrungen und wir bei Pflege Smile haben den Anspruch, anders zu sein. Der Vorteil ist auch, dass wir alle unsere Patienten persönlich kennen. Wenn ich drei bis vierhundert Patienten betreuen würde, könnte ich nicht sagen, dass ich die Einrichtung so leiten würde, wie ich es heute mache.

Was wünscht du dir für die Zukunft in der Pflege? 

Der Pflegeberuf ist schön und kann Spaß machen. Dieser Aspekt sollte viel mehr hervorgehoben werden. Ständig wird darauf herumgehackt und die Schlagzeilen sind negativ. Der Fachkräftemangel ist überall, egal in welcher Branche. Es scheint, als ob die Jugend von heute lieber studieren oder Influencer werden möchte, als etwas Handwerkliches zu lernen. Das ist leider übergreifend in allen Branchen so. 

Vielen Dank für das Interview und alles Gute.

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